Mütterlichkeit und Mutterschaft

Ariadne Nr. 62 - Cover (c) Stiftung Archiv der deutschen FrauenbewegungBereits vor einiger Zeit ist ein kurzer Aufsatz aus dem Dunstkreis meines Dissertationsprojekts in der Zeitschrift Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte erschienen, der sich mit dem Filmskandal um die Schweizer Produktion „Frauennot-Frauenglück“  von 1929/30 beschäftigt. Der semi-dokumentarische Film, entstanden unter Beteiligung des sowjetischen Avantgarde-Regisseurs Sergej Eisenstein, thematisiert die Problematik illegaler Abtreibungen und stellt sie den hygienischen Bedingungen in einer modernen Frauenklinik gegenüber. Für moralische Empörung, vor allem in kirchlichen Kreisen, sorgten dokumentarische Aufnahmen einer Kaiserschnittgeburt: Der Film offenbare den heiligen Moment der Geburt einem breiten Publikum  und entweihe so die Mutterschaft, wie der gängigste Vorwurf lautete. Im Filmskandal um „Frauennot-Frauenglück“ vermengten sich exemplarisch Auseinandersetzungen um Sicht- bzw. Zeigbarkeiten und die Geschlechterordnung. Dabei wird auch die Bedeutung eines Konzepts von Mutterschaft für die Geschlechterordnung deutlich, das in den Augen der Skandalisierer und Skandalisierinnen vor Angriffen des Films verteidigt werden musste. Zugleich ermöglicht dieser Filmskandal einen Blick auf Diskurszugänge, also Möglichkeiten des Sprechens und Gehörtwerdens, von Frauen zur Zeit der Weimarer Republik.

Mütterlichkeit und Mutterschaft. Der Filmskandal um „Frauennot-Frauenglück“ (1929/30), in: Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte 27 (2012), H. 62, S. 32-40.

Mythos, Film, Skandal

Cover: Filmblatt Nr. 43/2010Noch ein Nachtrag: Im Filmblatt (Nr. 43) erschien ein Beitrag von mir über einen Filmskandal, mit dem Anfang 1930 in Bayern auf eine vermeintliche Herausforderung regionaler geschichtlicher Identität reagiert wurde.

Wilhelm Dieterle stellt in seiner Filmbiografie „Ludwig der Zweite, König von Bayern“ von 1929 den „Märchenkönig“ als einen von seinem Innersten getriebenen Menschen vor, der an den Zwängen des Amtes und einem intriganten Umfeld scheiterte. Fast 50 Jahre nach dem mysteriösen Tod des Monarchen berührte das Thema immer noch tief das bayerische Selbstverständnis. Rechte Verbände und die bayerische Regierung liefen Sturm gegen den Film, obwohl ihn noch niemand gesehen hatte. Der Filmskandal verschärfte sich, als die Münchener Polizei trotz reichsweiter Zulassung ein örtliches Verbot aussprach. Der Fall schildert eindrücklich, wie sich regionale Identitäten ihrer selbst versichern und allen vermeintlichen Gefährdungen durch einen Film zum Trotz gestärkt aus dem Konflikt hervorgehen.

Mythos, Film, Skandal. Wilhelm Dieterles Filmbiografie „Ludwig der Zweite“ (1929) als Streitfall regionaler Identitäten, in: Filmblatt 17 (2010), H. 43, S. 45-64.

Kinemaklasmus

Cover: Medialisierte EreignisseDieser Neologismus bezeichnet – in Anlehnung an den Begriff „Ikonoklasmus“ – die spezifischen Formen von Protestartikulation im Kino. Welche Spuren hinterlassen Angriffe auf Filme? Welche Grenzen sind solchen Protesten durch das Kino als sozialem Ort und mediales Dispositiv gesetzt? Diesen Fragen geht mein Beitrag mit dem Titel Kinemaklasmus – Protestartikulation im Kino im neu erschienenen, von Frank Bösch und Patrick Schmidt herausgegebenen Sammelband Medialisierte Ereignisse. Performanz, Inszenierung und Medien seit dem 18. Jahrhundert (Campus Verlag, Frankfurt am Main) nach und unternimmt den Versuch, anhand der Kinoproteste der 1920er und frühen 1930er Jahre und in Abgrenzung zu Theater- und Opernskandalen einen systematischen Aufriss von Kinoprotesten als Praxis symbolischer Kommunikation zu leisten.

Der Sammelband geht zurück auf eine im Juni 2008 vom Gießener Graduiertenkolleg Transnationale Medienereignisse von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart veranstaltete Tagung und nimmt die Wechselverhältnisse von Medialität und körperlicher Performanz in historischer Perspektive in den Blick. Der Band enthält zahlreiche weitere lesenswerte Beiträge, etwa von Susann Trabert über Ballonaufstiege im späten 18. Jahrhunder als Performances, von Kathrin Fahlenbrach über die medialen Körperinszenierungen der 68er-Bewegung oder René Schlott zur Medialisierung von Ritualen anhand des Todes von Papst Pius XII., um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Kinemaklasmus. Protestartikulation im Kino, in: Frank Bösch / Patrick Schmidt (Hg.): Medialisierte Ereignisse. Performanz, Inszenierung und Medien seit dem 18. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2010, S. 179-197.

Die Politik des Filmskandals

Soeben ist der von Hans-Peter Becht, Carsten Kretschmann und Wolfram Pyta herausgegebene Tagungsband mit dem Titel Politik, Kommunikation und Kulturin der Weimarer Republik erschienen. Darin enthalten mein Beitrag Die Politik des Filmskandals. Die kommunikativen Folgen des Skandals um den Film „Im Westen nichts Neues“ (USA 1930), der untersucht, wie der bekannteste Filmskandal der Weimarer Republik in anschließenden Filmskandalen und Debatten verwendet wird und die dort verhandelten Filme einer politischen Perspektive unterstellt.

Die Politik des Filmskandals. Die kommunikativen Folgen des Skandals um den Film „Im Westen nichts Neues“ (USA 1930), in: Hans-Peter Becht / Carsten Kretschmann / Wolfram Pyta (Hg.): Politik, Kommunikation und Kultur in der Weimarer Republik, Heidelberg 2009, S. 161-178.